Nach seinem Abitur 1991 trat Micheal Reber für 15 Monate seinen Zivildienst als Betriebshelfer beim Evangelischen Bauernwerk in Hohebuch an. Dort hat er sich intensiv mit dem Thema Boden und Biogas auseinander gesetzt und sich dazu entschieden, den landwirtschaftlichen Familienbetrieb in Gailenkirchen in 6. Generation zu übernehmen. 1993 – 1997 folgte sein Studium der Agrarwissenschaften an der Fachhochschule Nürtingen. Dort lernte der jetzt zweifache Familienvater schließlich seine Frau Manuela kennen, mit der er 2003 den Familienbetrieb übernahm.
Nach seinem Studium investierte er in die Schweinehaltung, weil es „sich rechnete“, ihn ließen jedoch die Themen „Boden“ sowie „Biogas“ nie ganz los. In Folge eines wirtschaftlichen Crashs in der Schweinehaltung 2006, dem Bau der Biogasanlage 2009 und flächenmäßigem Wachstum im selben Jahr, rückte auch der Ackerbau letztendlich mit in den zentralen Fokus des Landwirts.
Leider machte sich 2011 schon bemerkbar, dass sich klimatisch etwas verändert, was die Erträge nicht nur zum Stagnieren gebracht hat, sondern zum Teil auch rückläufig werden hat lassen. Mit der Biogasanlage und damit verbunden schwereren Maschinen sowie Ernte der gesamten Pflanzen war er mit seinem Wissen an seine Grenzen gekommen. Dies bewegte Micheal Reber 2014 zu der Teilnahme am „Bodenkurs im Grünen“ in Chiemgau. Zu der Zeit war er schon sehr aktiv auf SocialMedia unterwegs. Die wertvollen Erkenntnisse, welche aus dem Kurs hervorgingen, haben ihn dann 2015 dazu bewegt, seine ersten „Gehversuche“ der Veränderung dort zu teilen.
Mit dem Trockenjahr 2018 folgten viele Anfragen zu seinem Tun, bis hin zu konkreten Anfragen bzgl. Seminaren. Es entstand die Idee, ab April 2019 Seminare auf dem Hof „vom Bauern für Bauern“ anzubieten. Er und seine Frau konnten bis zum ersten Lockdown über 500 Kolleginnen und Kollegen auf dem Hof zeigen, was funktioniert und was noch nicht. Die TeilnehmerInnen waren zu über 50% unter 30 Jahre alt, was eine zusätzliche Motivation dafür war, der nächsten Generation zu zeigen, dass es immer Lösungen gibt. Die Teilnehmer kamen aus dem gesamten deutschsprachigen Raum von Flensburg bis in die Schweiz, von Belgien bis zur ungarischen Grenze. Eine tolle Erfahrung!
Die Herausforderungen, welche Corona mit sich brachte und der zusätzlich laufende Betrieb auf dem Anwesen sowie das Betreiben der 750-kW Biogasanlage, brachten die Seminartätigkeiten jedoch größtenteils zum Erliegen. Dafür kommen regelmäßig Berufsschulklassen und Studierende.
Sein bereits früh erworbenes Wissen rund um das Thema Boden bestärkt den Landwirten darin, den politischen und gesellschaftlichen Themen sowie den Klimaveränderungen mit Zuversicht entgegenzutreten. Biogasanlagen sind für ihn mehr Chance als Risiko im Bodenaufbau, um auch den letzten, wichtigen Schritt Richtung Bio-Landbau zu gehen.
Seine Gedanken
- Er ist dankbar für die vielen Kontakte, die er bisher knüpfen durfte und möchte mit seinem neuen
- Projekt, dem Podcast „Boden und Leben“, etwas nachhaltig zurückgeben: Sein Wissen. Es soll weitergegeben und für spätere Generationen erhalten bleiben.
- Wissen vermehrt sich, wenn man es teilt! Alle, die sich um fruchtbare und gesunde Böden kümmern, sollten sich nicht damit beschäftigen, wie z.B. „Regenerative Landwirtschaft“ definiert wird, sondern es sollte Überzeugungsarbeit bei jedem geleistet werden, der sich noch nicht auf den Weg gemacht hat. Jeder darf und jeder kann hier seinen Platz haben - und etwas dabei lernen.
- Kommunikation hat keiner gelernt, obwohl es wichtig ist - auch und gerade in der Landwirtschaft! Wir haben 30 Jahre lang vergessen, unser Umfeld mitzunehmen. Die Arbeit wurde mehr, die sozialen
- Kontakte weniger. Nach außen schaut das (wirtschaftlich) erfolgreich aus, aber meist haben wir viel vom bäuerlichen Selbstverständnis dabei abgegeben. Auch psychisch ist die Belastung dabei immer mehr geworden.
- Deshalb: Diversität statt Spezialisierung! Egal ob im Kopf, in der betrieblichen Ausrichtung oder auch ganz konkret auf und im Boden: Vielfalt statt Einfalt – für unser aller Wohlergehen!
- Der Ausgang und das Ergebnis des Veränderungsprozesses ist offen - ganz bewusst: Gesunder Boden – gesunde Pflanzen – gesunder Mensch und gesunde Tiere!
Begründung der Jury
- Seine Motivation, gängige Lehrmeinungen in der Landwirtschaft zu hinterfragen und aufzuzeigen, dass Bauern sich selber auf den Weg machen müssen, um die aktuellen Herausforderungen anzugehen
- Seiner Versuche, Fehler der Vergangenheit öffentlich zu thematisieren und wieder auszugleichen
- Seinem Engagement, über seinen eigenen Hof hinaus seine Erfahrungen zu teilen
- Seine praxisnahen Innovationen
- Seine Bemühungen, den Missing Link zwischen Wissenschaft, Beratung und Praxiserfahrung zu schließen